Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin.
Die am 00.00.1974 geborene Klägerin arbeitet in Vollzeit als Softwareentwicklerin. Sie leidet seit 2001 insbesondere unter den körperlichen und psychischen Folgen einer Colitis ulcerosa.
Am 10.10.2011 stellte sie unter Vorlage ärztlicher Unterlagen einen Erstantrag auf Feststellung ihres GdB. Seit Jahresanfang befinde sie sich in einem Schub. Schübe der Colitis ulcerosa zeichneten sich durch blutige Durchfälle, Unterbauchkrämpfe und vermehrten unkontrollierten sowie nächtlichen Stuhlgang aus. Sie leide unter Angstzuständen und sei in ihrem gesamten Leben eingeschränkt. Sie fahre nur noch mit dem eigenen Auto und meide Großveranstaltungen. Die Beklagte holte Befundberichte der ärztlichen Psychotherapeutin Dr. I, des Allgemeinmediziners und Internisten Dr. T sowie des Internisten Dr. D ein. Dr. I gab an, die Klägerin sei von 2003 bis 2005, sporadisch in 2007 und 2008 und jetzt wieder seit Juli 2010 in psychotherapeutischer Behandlung. Es bestünden anhaltende Stimmungsschwankungen, Grübelneigung, Ängste und Antriebshemmung, die sich in Zeiten beruflicher Belastung verstärkten. Dr. T berichtete zusätzlich von einer Migräne und einem saisonalen Asthma bronchiale. Beigefügt war ein Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Bad N über einen Aufenthalt vom 31.08. bis zum 12.10.2011. Danach sei anfänglich über Bauchschmerzen und 5-10 durchfällige Stühle täglich, oft mit Schleimabgang geklagt worden. Es liege ein psychosomatisch begründetes Krankheitsmodell vor. Unter der Behandlung sei der akute Schub abgeklungen bei noch 2-5 Stühlen täglich ohne Blutauflagerung und gelegentlichen postprandialen Bauchschmerzen. Die Klägerin sei vollschichtig arbeitsfähig entlassen worden. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme wurde die Colitis ulcerosa mit einem Einzel-GdB von 30, eine Depression mit einem Einzel-GdB von 20 und der GdB insgesamt mit 40 bewertet. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 08.12.2011 ab dem 10.10.2011 den GdB mit 40 fest. Hiergegen legte die Klägerin am 19.12.2011 Widerspruch ein. Die Colitis ulcerosa sei mit einem GdB von 50-60 zu bewerten. Der Stuhl sei blutig bei bis zu 20 Stühlen täglich. Es bestünden erhebliche soziale Einschränkungen und Sorge um den Arbeitsplatz. Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2012 zurück.
Am 20.03.2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Sie habe häufig auch nächtliche Stühle, es lägen eine Beeinträchtigung des Kräftezustandes sowie mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vor, die mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewerten seien, der GdB insgesamt mindestens mit 60.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen Sachverständigengutachten des Allgemeinmediziners Dr. T1 und der Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin C eingeholt. Ausweislich des Gutachtens der Sachverständigen C hat die Klägerin dort angegeben, die Psychotherapie habe ihr geholfen. Nach Trennung von einem langjährigen Partner sei sie seit zwei Jahren wieder liiert. Die Partnerschaft sei gut. Am Wochenende gehe sie mit ihrem Partner und Freunden ihren Hobbies nach. Die Darmproblematik sei aktuell erträglich, sie habe ihren Tagesablauf an die Erkrankung angepasst. Die Sachverständige C hat eine leichte Ängstlichkeit und Fixierung auf die körperlichen Symptome sowie diskrete Rückzugstendenzen festgestellt. Neben einer gemischten Angst und depressiven Erkrankung bestehe der Verdacht auf eine im Zusammenhang mit der Colitis ulcerosa stehende somatoforme autonome Funktionsstörung. Da keine dauerhafte Medikation nötig, die Arbeitsfähigkeit erhalten und und das häusliche und soziale Leben stabil seien, liege keine schwere Krankheit vor. Es bestünden noch insbesondere medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Beide psychiatrischen Krankheitsbilder könnten jeweils knapp mit einem GdB von 30 bewertet werden, das Funktionssystem Psyche wegen weitgehender Überschneidungen mit einem Einzel-GdB von 30. Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. T1 vom 04.01.2013 hat die Klägerin dort angegeben, sie habe anfänglich viele Schübe gehabt, jetzt seien es weniger geworden. Ein Schub bedeute bis zu 20 blutige Stühle täglich. In der schubfreien Zeit habe sie 5-6 Stühle täglich ohne Blut. Sie habe Bauschmerzen vor allem nach dem Essen und gelegentlich Schwierigkeiten den Stuhl zu halten. Sie habe außerdem in der Allergiezeit und bei Belastung bzw. Panik Asthma im Umfang von einmal pro Woche bis zu viermal bis fünfmal täglich. Seit drei Jahren habe sie Migräne, die nach 30 Minuten ohne Medikamente weggehe, außerdem seit einem Jahr wiederkehrende Blasenentzündungen. Der Sachverständige Dr. T1 hat einen BMI von knapp 35 festgestellt. Die Colitis ulcerosa sei mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten, das Asthma sowie das von der Klägerin als Migräne bezeichnete, aber eher als Kopfschmerzerkrankung anzusehende Leiden mit einem Einzel-GdB von 10, der GdB insgesamt bei negativen Wechselwirkungen von Colitis ulcerosa und psychischem Leiden mit 40.
Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, die Leiden seien jeweils höher und das Asthma nicht nach Teil B Nr. 8.2, sondern Nr. 8.5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) zu bewerten. Außerdem lägen mittelgradige Anpassungsschwierigkeiten vor. Der Sachverständige Dr. T1 hat ergänzend ausgeführt, hinsichtlich der Colitis ulcerosa lägen keine schweren Auswirkungen, insbesondere keine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes vor. Der somatoforme Teil der psychischen Erkrankung überschneide sich mit der Colitis ulcerosa. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, die zur Bewertung der Colitis ulcerosa in Teil B Nr. 10.2.2 VMG genannten Regelbeispiele seien alternativ und nicht kumulativ anzusehen, so dass allein aufgrund der Stuhlfrequenz der GdB mit 50 anzusetzen sei.
Das Sozialgericht hat die Klage unter Bezugnahme auf die Sachverständigengutachten mit Urteil vom 13.06.2013 abgewiesen. Die Regelbeispiele in Teil B Nr. 10.2.2 VMG seien kumulativ zu verstehen. Wegen der lang anhaltenden Beschwerden könne gleichwohl ein Einzel-GdB von 30 und insgesamt ein GdB von 40 angenommen werden.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 10.09.2013 zugestellte Urteil am 08.10.2013 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, nach ihrem Schub im Jahr 2011 sei jetzt wieder im Jahr 2014 ein Schub aufgetreten. Dieser habe im Februar begonnen. Vor dem Schub habe sie vor allem nach dem Essen die Toilette aufsuchen müssen, zum Teil auch nachts. Mit Beginn des Schubs seien Toilettengänge alle drei bis vier Stunden erforderlich geworden. Seit einer Darmspiegelung im April müsse sie - auch nachts - praktisch stündlich zur Toilette.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.06.2013 zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 08.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 07.03.2012 zu verurteilen, bei ihr ab dem 10.10.2011 einen GdB von mindestens 50 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Auslegung von Teil B Nr. 10.2.2 VMG eingeholt, wonach die dort genannten Regelbeispiele nicht abschließend seien. Der Senat hat außerdem eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. T1 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, es lägen zwar häufig auftretende Durchfälle vor. Die Anzahl der Schübe sei aber eher gering und der Kräfte- und Ernährungszustand nicht beeinträchtigt. Auch bei einem alternativen Verständnis der Regelbeispiele sei der Einzel-GdB mit 30 anzusetzen. Bei chronischen Darmstörungen sei ein GdB von 40 erst bei erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes gegeben. Damit sei die Klägerin nicht vergleichbar. Soweit eine Afterschließmuskelschwäche vorliege, sei diese nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 zu bewerten und wirke sich nicht erhöhend aus. Bei der GdB-Bildung sei zu berücksichtigen, dass der Einzel-GdB für das Funktionssystem Psyche laut der Sachverständigen C nur ein "schwacher" sei. Insgesamt seien die Funktionsstörungen der Klägerin nicht vergleichbar mit denen bei Totalentfernung des Magens mit Komplikationen wie einem Dumping-Syndrom, einer chronischen Darmstörung mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes oder einem künstlichen After mit guter Versorgungsmöglichkeit.
Die Klägerin trägt hierzu vor, das BMAS bestätige, dass die Regelbeispiele zur Bewertung der Colitis ulcerosa alternativ zu verstehen seien, während der Sachverständige Dr. T1 diese kumulativ verstehe. Ihre funktionellen Beeinträchtigungen seien sehr wohl vergleichbar mit denjenigen bei künstlichem After mit guter Versorgungsmöglichkeit. Die Verneinung einer Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes sei problematisch, da das bestehende Übergewicht auf die Kortisontherapie zurückgehe. Dass sie auch nachts Stühle habe, könne ihr Partner bezeugen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthafte Klage zu Recht abgewiesen, da diese zwar zulässig, aber unbegründet ist.
Richtige Beklagte ist die Stadt X. Mit Auflösung der Landesversorgungsverwaltung wurden die Aufgaben nach den §§ 69, 145 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) durch §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des als Art. 1 des Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 erlassenen Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen (vgl. zur Rechtmäßigkeit dieser Aufgabenübertragung grundlegend LSG NRW, Urteil vom 12.02.2008 - L 6 SB 101/06 und Urteil vom 05.03.2008 - L 10 SB 40/06; BSG, Urteil vom 23.04.2009 - B 9 SB 3/08 R, juris Rn 15 ff). Die Stadt X wiederum hat gemäß § 23 Abs. 1, 1. Alternative des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit NRW in Verbindung mit § 1 der Öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen den Städten X, T und S zur Übernahme der Verwaltungsaufgaben auf den Gebieten des Elterngeldes und des Schwerbehindertenrechts durch die Stadt X (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Düsseldorf vom 21.12.2007) mit Wirkung zum 01.01.2008 die der Stadt T obliegenden Aufgaben übernommen.
Die Zuständigkeit der Bezirksregierung Münster zur Entscheidung über den Widerspruch ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 16.01.2012 - L 10 SB 197/11, juris Rn 16).
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da diese rechtmäßig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft von den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden festgestellt, § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für diese Feststellung die Maßstäbe der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassenen Rechtsverordnung (VersMedV vom 10.12.2008) und insbesondere ihrer Anlage 2 (VMG) entsprechend. Die Bemessung des (Gesamt-)GdB ist dabei in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B, juris Rn 5 m.w.N.). In einem ersten Schritt sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. In einem zweiten Schritt sind diese den in den VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann, in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB, in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der maßgebliche (Gesamt-)GdB zu bilden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 - B 9 SB 4/08 R, juris Rn 18 m.w.N.). Außerdem sind nach Teil A Nr. 3b VMG bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R, juris Rn 25; vgl. zum Ganzen auch LSG NRW, Urteil vom 29.06.2012 - L 13 SB 127/11, juris Rn 42 ff.).
Führendes Leiden ist die Colitis ulcerosa, weil diese die psychischen Leiden der Klägerin mitbedingt. Deren Bewertung richtet sich nach Teil B Nr. 10.2.2 VMG. Mittelschwere Auswirkungen (häufig rezidivierende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufiger Durchfälle) bedingen einen GdB von 30-40, schwere Auswirkungen (anhaltende oder häufig rezidivierende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle) einen GdB von 50-60. Ob die genannten Regelbeispiele alternativ oder kumulativ zu verstehen sind, ist umstritten (ausdrücklich für ein alternatives Verständnis Sächsisches LSG, Urteil vom 25.05.2005 - L 6 SB 55/04, juris Rn 37; für ein kumulatives Verständnis wohl LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.06.2010 - L 7 SB 8/05, juris Rn 63). Die vom Senat eingeholte Stellungnahme des BMAS, in der lediglich davon gesprochen wird, dass die Beispiele nicht abschließend seien, könnte für ein alternatives Verständnis sprechen. Allerdings enthielt die Stellungnahme die Empfehlung zu prüfen, ob trotz häufiger Durchfälle keine Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes vorliegt. Dies zeigt, dass auch insoweit eine Gesamtbetrachtung erforderlich ist, wie sie ohnehin von § 69 SGB IX vorgesehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 SB 3/12 R, juris Rn 40). Es erscheint aber unwahrscheinlich, dass das dauerhaft gehäufte tägliche Auftreten von Durchfällen, wie es für den GdB von 50-60 erforderlich ist, ohne einen sprechenden Einfluss auf den Kräfte- und Ernährungszustand einhergehen können soll.
Eine solche Beeinträchtigung liegt aber nicht vor. Der Sachverständige Dr. T1 verweist insofern maßgeblich und nachvollziehbar auf die Übergewichtigkeit der Klägerin. Soweit die Klägerin angibt, unter der Woche morgens nur schwer aus dem Bett zu kommen, ist nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um somatische Auswirkungen der Colitis ulcerosa handelt, zumal die Klägerin gegenüber der Sachverständigen C gerade morgens psychische Probleme angegeben hat. Angesichts einer vollschichtigen Arbeit in einem nach den eigenen Angaben der Klägerin sehr anstrengenden Beruf verwundert es auch nicht, dass die Klägerin abends müde ist und sich ihre sozialen Aktivitäten auf das Wochenende konzentrieren. Und am Wochenende finden nach den Angaben gegenüber der Sachverständigen C durchaus soziale Aktivitäten in üblichem Umfang statt. Ob - wie die Klägerin meint - die Beurteilung einer Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes durch die Kortisontherapie erschwert wird, kann dahinstehen, da eine solche Beeinträchtigung jedenfalls nicht positiv festgestellt werden kann. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, warum sich diese Therapie auf den Kräftezustand der Klägerin so auswirken könnte, dass seine Reduzierung nicht mehr feststellbar wäre.
Ein GdB von 30 ist wegen häufig rezidivierender erheblicher Beschwerden bzw. häufigen Durchfällen gerechtfertigt. Gerade angesichts des sehr wechselhaften Verlaufes der Erkrankung ist gemäß Teil A Nr. 2f Sätze 3 ff. VMG eine Durchschnittsbetrachtung geboten. Ausgehend von den eigenen Angaben der Klägerin gibt es längere Zeiten mit eher gering ausgeprägten Beschwerden (Stühle vor allem nach dem Essen). Nach dem mehrmonatigen Schub im Jahr 2011 kam es zu einem vergleichbaren Schub erst wieder im Februar 2014. Die Stuhlfrequenz in diesen schubfreien Zeiten ohne Blutbeimengungen rechtfertigt für sich genommen keinen GdB von 30 (vgl. hierzu LSG NRW, Urteil vom 28.06.2007 - L 7 SB 152/04, juris Rn 22). Die Phasen stärkerer Beeinträchtigung dauern andererseits jeweils mehrere Monate an und erreichen in den Hochphasen - wie zuletzt nach der Darmspiegelung im April 2014 - ein Ausmaß (stündliche Stühle, auch nachts), das für sich genommen die Annahme der Schwerbehinderteneigenschaft begründen dürfte. Diese maximalen Beschwerden in den Schüben bestehen aber nicht durchgängig und nach dem Stand der Erkenntnisse zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch nicht jeweils für mindestens sechs Monate (vgl. zur Bedeutung dieses Zeitraums § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Für den Ansatz eines GdB von 30 statt 40 sprechen in der Gesamtschau die langen schubfreien Phasen und eben die Tatsache, dass auch innerhalb der Schübe ein wechselndes Beschwerdebild vorliegt. So hat die Klägerin im Hinblick auf den aktuellen Schub für die Zeit von Februar bis zur Darmspiegelung Toilettengänge "nur" alle drei bis vier Stunden angegeben. Der Schub im Jahr 2011 zeigte im Verlauf eine abnehmende Tendenz. Bereits im Aufnahmebefund des Berichtes über den Reha-Aufenthalt von August bis Oktober 2011 war von abklingenden Beschwerden in einem Umfang von 5-10 Stühlen pro Tag die Rede, am Ende der Behandlung nur noch von 2-5 Stühlen pro Tag. Auch hat die Klägerin bei ihrer Anhörung vor dem Senat angegeben, dass sie außerhalb der Schubzeiten teilweise keinen nächtlichen Stuhlgang hat. Zu bedenken ist schließlich, dass die VMG bei der Bewertung einer chronischen Darmstörung (zur Vergleichbarkeit LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17.08.2010 - L 7 B 26/09, juris Rn 33) für einen GdB von 40 zwingend eine erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes fordern.
Ob tatsächlich eine Schließmuskelschwäche vorliegt, kann dahinstehen. Sie wäre entsprechend dem Sachverständigen Dr. T1 gemäß Teil B Nr. 10.2.4 VMG höchstens mit einem GdB von 10 zu bewerten, da unkontrollierter Stuhlabgang nur sehr selten vorkommt. Eine Erhöhung des GdB für das Funktionssystem Verdauung ergibt sich daraus nicht.
Die Bewertung des psychischen Leidens richtet sich nach Teil B Nr. 3.7 VMG. Es spricht viel dafür, dass entsprechend der Sachverständigen C neben der gemischten Angst- und depressiven Erkrankung eine somatoforme Störung vorliegt. Auch dann aber kann das psychische Leiden insgesamt nicht mit einem höheren GdB als 30 bewertet werden. Ein GdB von 30 setzt eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit voraus. Diese kann hier insofern angenommen werden, als das tägliche Leben der Klägerin jedenfalls nach ihrem eigenen Vortrag nicht unerheblich durch ihre Ängste geprägt ist. Eine höhere Bewertung kommt aber keinesfalls in Betracht. Denn die Klägerin kann nach den Feststellungen der Sachverständigen C mit ihrer Erkrankung und der Angst umgehen. Sie hat ihren Alltag entsprechend angepasst und gibt selbst an, die Psychotherapie habe gut gewirkt. Sie befindet sich in einer stabilen Partnerschaft, ist vollschichtig arbeitsfähig und hat - angesichts des fordernden Berufes jedenfalls am Wochenende - ein normales Sozialleben. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach den Ausführungen der Sachverständigen C noch nicht alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Eine schwere seelische (etwa Zwangs-)Krankheit, die Voraussetzung eines Einzel-GdB von 50 und mehr ist, ist nicht ersichtlich.
Dieser Einzel-GdB ist nicht wegen der vermeintlichen Migräne zu erhöhen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich nicht vielmehr um eine Kopfschmerzerkrankung handelt, da beide Leiden nach den gleich Maßstäben zu bewerten sind (vgl. Wendler/Schillings, VMG, 6. Aufl. 2013, S. 113). Nach Teil B Nr. 2.3 VMG ist eine leichte Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) mit einem GdB von 10, eine mittelschwere Form (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) mit einem GdB von 20-40 zu bewerten. Da die Klägerin eine Remission ohne Tabletten bereits nach einer halben Stunde angibt, ergibt sich entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T1 kein relevanter Wert, der sich im Funktionssystem Gehirn/Psyche erhöhend auswirken könnte.
Die Erkrankung der Atmungsorgane ist weder nach Teil B Nr. 8.2 noch Nr. 8.5 VMG mit einem GdB von 20 zu bewerten. Im Fall einer Bronchitis wäre eine schwere Form (fast kontinuierlich ausgiebiger Husten und Auswurf, häufige akute Schübe) erforderlich. Ein Bronchialasthma ohne dauernde Einschränkung der Lungenfunktion wird bei Hyperreagibilität mit seltenen (saisonalen) und/oder leichten Anfällen mit 0-20 bewertet. Es liegen keine Hinweise auf relevante Auswirkungen bzw. mehr als nur leichte Anfälle vor. Die Klägerin hat selbst von einem vor allem saisonalen Problem gesprochen.
Auch sonst liegen neben der Colitis ulcerosa und dem psychischen Leiden keine für die GdB-Bildung relevanten weiteren Leiden vor.
Ausgangspunkt für die Bildung des (Gesamt-)GdB ist die Colitis ulcerosa als schwerstes Leiden. Deren Einzel-GdB ist wegen des psychischen Leidens um 10 auf 40 zu erhöhen. Dabei kann dahinstehen, ob entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T1 der Einzel-GdB von 30 für das Funktionssystem Gehirn/Psyche nur ein "schwacher" Wert ist oder ob er voll erreicht wird (vgl. zu dieser Differenzierung LSG Essen, Urteil vom 29.08.2012 - L 10 SB 89/12, juris Rn 34). Denn auch im letztgenannten Fall ist eine weitere Erhöhung des GdB nicht gerechtfertigt. Es spricht schon mehr für eine Überschneidung als für eine Verstärkung dieser beiden Leiden. Die psychischen Probleme dürften ohne die Colitis ulcerosa kaum - jedenfalls in dieser Ausprägung - vorliegen. Zu bedenken ist auch, dass der GdB für die Colitis bereits nach Teil A Nr. 2i VMG die üblichen seelischen Begleiterscheinungen enthält. Jedenfalls fehlt es insgesamt an einer Vergleichbarkeit insbesondere mit einer Colitis ulcerosa mit schweren Auswirkungen oder einer chronischen Darmstörung mit erheblicher Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes, die auch erst bei voller Ausschöpfung des Beurteilungsrahmens einen GdB von 50 vorsieht (vgl. Teil B Nr. 10.2.2 VMG).
Sieht man mit Dr. T1 den GdB i.H.v. 30 für den Bereich Psyche als nur gerade erreicht an, wird ein Gesamt-GdB von 50 selbst dann nicht erreicht, wenn man den GdB für die Colitis ulcerosa mit 40 ansetzt. Denn angesichts der bereits beschriebenen Überschneidungen wäre ein solch "schwacher" Wert von 30 nicht geeignet, den Gesamt-GdB auf 50 zu heben. Der insoweit bestehende körperliche und psychische Gesundheitszustand der Klägerin ist insoweit nicht einem solchen vergleichbar, wie er nach den VMG für die Colitis ulcerosa oder den Funktionsbereich der Psyche verlangt wird, um einen GdB von 50 zu erreichen. Dies folgt zum einen aus dem Kräfte- und Ernährungszustand der Klägerin einerseits wie aus deren Bewältigung des Lebensalltags andererseits.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.